Kunstprojekt Begegnung

Kunstkurse mit Ausstellung als Baustein sozialer Teilhabe

Begegnung - Gemeinschaftsbild und Titel der Ausstellung"Begegnung" - dies wurde als Titel für eine Ausstellung der Arbeitsloseninitiative im Lahn Dill Kreis WALI e. V. gewählt, für die Künster*innen und kreative Gruppen über ein Jahr lang gemalt und gestaltet haben, um schließlich über 40 verschiedene Werke zusammen zu bringen. Begegnung war das, was die Menschen beim gemeinsamen kreativen Tun als besonders wertvoll erlebten. Aber auch das künstlerische Tun bedeutete für sie eine Begegnung mit Farbe und Material und bot eine Möglichkeit, den eigenen Erlebnissen und Gefühlen Raum zu geben und Erfahrenes auszudrücken und zu verarbeiten.

In den Kunstgruppen der WALI kommen Menschen zum gemeinsamen kreativen Tun zusammen, von denen viele aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit und daraus folgenden Problemen wie zum Beispiel Verschuldung, Depression oder Sucht in den letzten Jahren vereinsamt sind und sich nicht mehr unter Menschen wagten. Dazu noch diejenigen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen dem Arbeitsmarkt gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Die WALI bietet mit ihren Projekten Möglichkeiten, aus dieser Isolation herauszukommen und Begegnung und Gemeinschaft zu erleben. So nahmen an diesen Kursen und Gruppen nicht nur Erwerbslose teil, die sich auf Arbeitssuche waren, sondern auch Menschen mit Erwerbsunfähigkeitsrente und Suchtproblematik, bei denen es darum ging, eine Tagesstruktur zu erhalten und ein Abrutschen in psychische Krankheiten zu verhindern.

Experimentelles Gemeinschaftsbild

In kreativen Kursen und Projekten mit kunsttherapeutischer, kunstpädagogischer oder ergotherapeutischer Ausrichtung haben haben Nihal Yilmaz, Pia Wagner und ich die Menschen in ihrem künstlerischen und kreativen Tun begleitet und ihnen Anregungen, Material und einen Rahmen gegeben, gestalterisch tätig zu sein. Mit meinem gestaltungs-sozialtherapeutischen Ansatz leitete ich dabei viele Einheiten an, bei denen es darum ging, durch das schöpferische Tun wieder Sinn und Lebensfreude zu finden. Das Eintauchen in die Welt der Bilder bot dabei eine Möglichkeit, wieder neue Ressourcen und Kraft zu schöpfen. Manche wagten sich nur ganz zaghaft an die kreativen Materialien, wollten nur Buntstifte verwenden und am liebsten vorgegebene Linien ausmalen. Andere hatten künstlerische Vorerfahrungen und erschufen Bilder von beachtlichem Niveau. Einige Teilnehmende brachten eigene Ideen ein, wie zum Beispiel den Bau von Vogelscheuchen für den Garten am Stadtteilzentrum oder das Bedrucken von T-Shirts, die ich gerne aufgriff und mit den Beteiligten zusammen verwirklichte.

Die Projekte schafften Tagesstruktur und Beschäftigung, sie ermöglichen den Teilnehmenden, ihre Fähigkeiten einzusetzen und neue Techniken kennenzulernen. Die Teilnehmenden setzten dabei ihre Kompetenzen ein, zeigten anderen, wie es geht, und gewannen so auch wieder neues Selbstbewusstsein. Die Projekte machten also Sinn: sowohl für die Teilnehmenden als auch für das Gemeinwesen im Westend, in das das Projekt integriert war.

Jörg Buchner: SeracusaAuch aus künstlerischer Sicht kamen ganz unterschiedliche Menschen hier zusammen und wagen mit ihren Bildern den Schritt „nach draußen“. Es waren zum einen Menschen, die schon lange malen und das Malen für sich als kreativen aber auch heilsamen Prozess wertschätzten, zu anderen aber auch Menschen, die sich zum ersten Mal an ein Kunstwerk gewagt haben. Alle zeigten etwas von sich, ihrer Lebenserfahrung und ihrer Sicht der Welt. Alle zeigten, wie viele Fähigkeiten und Talente in ihnen schlummern, denen auf dem Arbeitsmarkt die Chance verwehrt wurde. Die Ausstellung im Nachbarschaftszentrum des Stadtteils war daher ein wichtiger Beitrag, die Talente und Fähigkeiten der Teilnehmenden ans Licht zu holen und mit den Bildern ihrer Lebensgeschichte und ihren Anliegen Ausdrucksmöglichkeiten und Wertschätzung verschaffen.

In der Ausstellung wurden etwa 40 Bilder und Objekte von 13 Einzelkünstler*innen gezeigt, außerdem sechs Gemeinschaftsarbeiten, an denen zusätzlich weitere 13 Personen mitgearbeitet hatten. Insgesamt haben sich über 35 Menschen aus der WALI an den kreativen und organisatorischen Aufgaben rund um diese Ausstellung beteiligt. Es entstand ein Ausstellungskatalog, in dem viele der ausgestellten Werke abgebildet sind und die Künstler*innen ihre Werke benennen oder beschreiben. Der Katalog steht hier zum Download zur Verfügung. Weitere Informationen und Bilder finden Sie auch bei der Arbeitsloseninitiative im Lahn Dill Kreis WALI e. V., im Beitrag "Im Westen viel Neues!" von Ursula Wöll im Landboten oder im Ankündigungsartikel in der Gießener Zeitung.