Integrative Stadtteilarbeit

Stadtteilarbeit - Potentiale für Integration und Partizipation

Jugendliche an SkateranlageStadtteil- und Quartiersarbeit ist unter dem Vorzeichen "Soziale Stadt" seit längerer wieder Zeit ins öffentliche Interesse gerückt. Dabei sind sowohl die Probleme in Brennpunktstadtteilen, aber auch die Lösungsansätze nicht unbedingt neu: eine ansprechende Wohnumfeldgestaltung fördert ein soziales Miteinander und Konzepte der Stadtteil- und Quartiersarbeit können Ressourcen im Stadtteil aufbauen und nutzbar machen, Anlaufstellen und Treffpunkte bieten und so Kontakt und Beziehung unter den Bewohner*innen und die Identifikation mit dem Stadtteil stärken. Durch Quartiersarbeit vor Ort können Probleme frühzeitig erkannt und gemeinsam angegangen werden. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, bedarfsgerechte Unterstützungsangebote wie Schulden-, Miet- oder Rechtsberatung direkt im Stadtteil anzusiedeln und in Konzepten von Stadtteilberatungsstellen und Stadtteiltreffs zu verankern. Auch eine Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe im Sinne von stadtteilorientierten Angeboten der Hilfen zur Erziehung, Jugendberatung und Angeboten der Jugendberufshilfe ist förderlich.

Dabei stehen bei der Förderung von Erneuerungsprozessen im Stadtteil allerdings oft bauliche Maßnahmen im Vordergrund, die in Quartieren mit hohem Erneurungsbedarf einen großen Teil des Förderbudgets verschlingen, so dass Projekte des sozialen Miteinanders leider oft nur als punktuelle, zeitlich begrenzte Vorhaben gefördert werden, so dass kaum Nachhaltigkeit entstehen kann. Immer wieder sollen neue "innovative" Projekte entwickelt werden, dabei würde langfristige Förderung bewährter Ansätze ("good practice") bessere und nachhaltigere Ergebnisse erzielen. Um Ressourcen im Stadtteil zu bündeln und verfügbar zu machen, sind vor allem dauerhaft Räume und Treffpunkte nötig, in denen Kommunikation und Miteinander entstehen und sich Selbsthilfe entwickeln kann. Im Sinne des Empowerment kann hier auf die Stärkung der Teilhabe der Bewohner*innen an Entscheidungsprozessen, die ihre Lebensgestaltung und ihre soziale Umwelt betreffen, hingearbeitet werden, so dass langfristig Benachteiligungen abgebaut werden können. Dazu sind jedoch kontinuierliche sozialarbeiterische Fachkräfte nötig, die professionelle Koordination und Begleitung übernehmen können.

Insbesondere integrative Konzepte eröffnen im Rahmen von Stadtteilarbeit neue Möglichkeits- und Erfahrungsräume. Das zielgruppenspezifische Arbeiten wird verlassen und es werden Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammengebracht. Jugendliche, Flüchtlinge, Rentner*innen, Erwerbslose, aber auch Vertreter*innen von Firmen oder Institutionen aus dem Stadtteil kommen zusammen, tauschen sich aus und machen etwas gemeinsam. Sei es einen Aktionstag, ein Gesundheits- oder Kunstprojekt oder die Planung für eine neue Grünanlage. Dabei werden Ängste und Vorurteile überwunden, aber auch Selbst- und Nachbarschaftshilfe aktiviert.

Partizipation ist dabei ein entscheidender Faktor. Bewohner*innen eines Stadtteils sind schließlich die Expert*innen dieses Lebensumfelds, die am besten beurteilen können, welche Angebote ihren Bedürfnissen gerecht werden. Dabei sollten Instrumente der Beteiligung auch langfristig verankert und tatsächliche Mitspracherechte beinhalten. Die Gründung von Bewohner*innen- und Fördervereinen mit eigenen Budgets kann Partizipation langfristig verankern und sichern. Praktische Partizipationsprojekte können darüber hinaus die Erfahrung von Selbstwirksamkeit ermöglichen und konkrete bedürfnisgerechtere Stadtteilgestaltung realisieren.

An Armut und Erwerbslosigkeit, von der oft viele Menschen in Stadtteilen mit Erneuerungsbedarf betroffen sind, können die Projekte jedoch leider oft nichts verändern. Besondere Aufmerksamkeit verdienen daher meiner Ansicht nach insbesondere ganzheitliche Konzepte, die auch eine ökonomische Verselbständigung und Aufwertung des Stadtteils zum Ziel haben. Gemeinwesenökonomische Projekten wie die Trierer "Genossenschaft am Beutelweg", die nicht nur Integration fördern und das Wohnen stabilisieren, sondern ökonomische Grundlagen dafür herstellen, indem über genossenschaftliche Gemeinwesenunternehmen Arbeitsplätze selbst geschaffen werden - sei es in der Wohnungsrenovierung oder in der Kinderbetreuung - sind ein weitreichender, langfristig sinnvoller Ansatz.

Stand: 05/2014